Das bisschen Erziehung!?
Darum machen Erzieherinnen und Erzieher mehr als bloß einen Job
Christine Hagemann
Kinder bespaßen und gute Laune verbreiten – kann doch jeder? Weit gefehlt, denn Erzieherinnen und Erzieher leisten wesentlich mehr. Ihre wertvolle Erziehungsarbeit prägt die zukünftige Gesellschaft.
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Fast jedes Kind in Deutschland besucht einen Kindergarten und ein Drittel der unter Dreijährigen wird in Kitas betreut – Tendenz steigend. Der dringende Bedarf an Kitaplätzen macht es deutlich: Pädagogische Fachkräfte übernehmen einen Großteil der Früherziehung unserer Kinder. Doch was macht diesen Job eigentlich aus?
„Den ganzen Tag mit Kindern spielen, ach, was für ein schöner Beruf.“ Sätze wie diesen hört eine Erzieherin häufig. Immer noch hält sich das Klischee, jeder könne sich ein bisschen mit Kindern beschäftigen, mit ihnen basteln und spielen. Doch zum Erzieherberuf gehört noch viel mehr! Denn die Kinder sollen gefördert, erzogen und auch gut betreut werden. Wichtige Aufgaben, die Erzieherinnen in Kita und Kindergarten täglich aufs Neue meistern.
Inhalt
1. Was Erzieherinnen mitbringen
1.1 Die Ausbildung hat es in sich
1.2 Erzieherinnen sind weitergebildet
2. Diese fachlichen Kompetenzen zeichnen Erzieherinnen aus
2.1 Fachkräffte für elementare Bildung
2.2 Erzieherinnen sind Anwälte der Kinderrechte
3. Fazit: Die Gesellschaft baut auf Erzieherinnen und Erzieher
Diese fachlichen Kompetenzen zeichnen Erzieherinnen aus
Nicht nur berufstätige Eltern sind froh und dankbar über einen Kitaplatz für ihre Kinder. Wissen sie doch, dass ihre Kleinen dort in guten Händen sind. Selbstverständlich geht es darum, den Kindern eine glückliche Zeit zu bereiten. Die pädagogischen Fähigkeiten von Erzieherinnen und die Anforderungen, die sie während EINES Arbeitstages leisten, werden allerdings häufig verkannt!
Hier zeigen wir Ihnen mal einen kleinen Einblick in die vielfältigen Aufgaben einer Erzieherin:
Bereich | Aufgaben |
1. Pädagogische Arbeit | Neben der reinen Betreuung gehören Vorbereiten und Anpassen von Aktivitäten zur pädagogischen Arbeit. Erzieher setzen Beziehungs– und Bildungsprozesse in Gang, beobachten die Kinder, fördern ihre Selbstständigkeit und ermutigen sie zum nächsten Entwicklungsschritt. Im Team werden Förderpläne entwickelt und Durchführungen pädagogischer Angebote evaluiert. |
2. Pflege und Zuwendung | Die Erziehungsarbeit in der Kita orientiert sich am Wohl des Kindes. Da kleine Kinder viel Fürsorge, Aufmerksamkeit und besonderen Schutz benötigen, ist die Aufgabe mit sehr viel Verantwortung verbunden. Die Kleinsten müssen oft noch gewickelt werden. Auch das Zähneputzen gehört zur Pflege. |
3. Aktivitäten in der Gruppe | Erzieherinnen strukturieren den Tagesablauf, gestalten Angebote und sorgen dafür, dass jedes Kind seinen Platz in der Gemeinschaft hat. Sie vermitteln und schlichten, reden und spielen mit den Kindern, trösten und muntern sie auf. Zudem gehen sie auf die Ideen der Kinder ein und können sich schnell auf neue Situationen einstellen. Bei Ausflügen oder Festen ist besonders viel Organisationsgeschick gefragt. |
4. Mahlzeiten und Haushalt | Im Rahmen der Kinderbetreuung fällt Erzieherinnen meist auch die Aufgabe zu, Speisen zuzubereiten bzw. für gemeinsame Mahlzeiten zu sorgen. Auch das Aufräumen im Gruppenraum zählt zu den Alltagsaufgaben. |
5. Elterngespräche und Kooperation | Erzieherinnen sind regelmäßig in Gesprächen mit Eltern und Kooperationspartnern wie Schulen und Beratungsstellen. Neben Fachkompetenz bewährt sich dabei vor allem die Sozialkompetenz der Erzieherinnen. |
Fachleute für elementare Bildung
Kitas haben einen eigenständigen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag. Kernaufgabe ist die Förderung des Kindes in der Entwicklung seiner Persönlichkeit. Besonders wichtig ist dabei die Beratung und das regelmäßige Informieren der Eltern, vor allem zu Bildungsfragen und Erziehung.
Ein wichtiges Aufgabengebiet ist die Beobachtung. Die Erzieherin hat das Verhalten der Kinder im Blick und dokumentiert die einzelnen Entwicklungsfortschritte in einem Beobachtungsbogen. Im Team tauschen sie sich über die Entwicklung der Kinder aus, reflektieren Gruppensituationen und erarbeiten gemeinsam die Umsetzung des Bildungsplans.
Die frühkindliche Bildung beginnt bei den Allerkleinsten. Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Kinder. Die Erzieherin leistet wertvolle emotionale Beziehungsarbeit und fördert spielerisch die kindliche Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit. Die Spielideen werden in jeder Altersgruppe angepasst, sodass Fähigkeiten gezielt gefördert werden. Schließlich erwartet die Grundschule am Ende der Kindergartenzeit einen nahtlosen Übergang.
Erzieherinnen sind Anwälte der Kinderrechte
Jedes Kind hat einen Anspruch auf Bildung und auf Förderung seiner Persönlichkeit. Ziel ist es, jedes Kind individuell zu fördern. Das beherzigen Erzieherinnen im Kindergarten jeden Tag – und nicht nur, weil es im Kinderbildungsgesetz2 steht. Sie wissen: Bildungsräume sind Lebensräume.
Insbesondere für die sozial-emotionale Entwicklung bei Kindern ist aktive Partizipation wichtig, um ihre Eigenständigkeit und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Werden die Kinder an Entscheidungen beteiligt, lernen sie, ihre Gefühle und Wünsche wahrzunehmen und auszudrücken.
Erzieherinnen im Kindergarten beraten und unterstützen die Eltern und Familien zu wichtigen Fragen der Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes. Dazu bieten sie Einzelgespräche über die Entwicklung des Kindes und eventuell geplante Maßnahmen zur gezielten Förderung an. Manchmal müssen auch Verhaltensauffälligkeiten angesprochen werden.
Nicht immer verläuft der Dialog harmonisch. Manche Eltern wollen sich nicht in die Erziehung ihres Kindes „reinreden“ lassen oder sie tun sich schwer mit dem pädagogischen Konzept der Kita. Doch die allermeisten Eltern wissen gerade die Sorgfalt und Kompetenz der Erzieherinnen zu schätzen. Der beste Beweis sind die Kinder selbst, wenn sie zu Hause glücklich von ihren Erlebnissen erzählen.
Fazit: Unsere Gesellschaft baut auf Erzieherinnen und Erzieher
Obgleich klischeebehaftet, genießt der Erzieherberuf in der Bevölkerung dennoch hohes Ansehen. Wer allerdings reich werden möchte, wählt sicherlich einen anderen Job. Für Erzieherinnen und Erzieher bedeutet Ihre Jobwahl Berufung. Einsteiger können im Schnitt mit etwa 2.500 Euro brutto im Monat rechnen, im Öffentlichen Dienst seit April 2019 mit knapp 2.800 Euro brutto. Damit liegt das Gehalt im Vergleich deutlich unter dem eines Grundschullehrers.
Die Arbeit im Kindergarten ist vielschichtig, schön und herausfordernd zugleich. Erzieherinnen und Erzieher wissen, was sie tun, denn sie haben eine umfassende, profunde sozialpädagogische Ausbildung. Engagiert fördern sie die kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten unserer Kinder. Sie stärken damit das Wichtigste – nämlich die kommende Generation – unserer Gesellschaft, die auf demokratischen Werten und menschlichem Miteinander gründet.
„Am schönsten an meinem Beruf ist, dass von den Kindern ganz viel zurückkommt. Wenn man die Fortschritte sieht, auch bei Kindern, die es manchmal ziemlich schwer haben. Wenn die Kinder immer mit einem Strahlen in die Kita kommen. Ja, das ist am schönsten.“
Lena, 21, Erzieherin
Fußnoten:
1Liebe männliche Erzieher, auch wenn hier von der Erzieherin die Rede ist, sind Sie selbstverständlich mitgemeint. Zur leichteren Lesbarkeit verwenden wir die weibliche Form, da der Anteil der Männer im Bereich Früherziehung – leider noch immer – verschwindend gering ist.
2Beispiel Landesrecht NRW: „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern / Kinderbildungsgesetz – KiBiz“ vom 30.10.2007 mit Stand vom 13.03.2019. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=10994&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=395393
Zum Weiterlesen:
Silvia Gartinger u. a.: Erzieherinnen + Erzieher. Band 1: Professionelles Handeln im sozialpädagogischen Berufsfeld. Berlin (Cornelsen) 2014.
Gabriele Hertlein: Erzieher/innen-Persönlichkeit und Idealismus in Zeiten des Mangels an pädagogischen Fachkräften.
Rainer Jaszus u. a.: Sozialpädagogische Lernfelder für Erzieherinnen und Erzieher. Hamburg (Verlag Handwerk und Technik) 2014.
Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrgs.): Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren. https://www.kita.nrw.de/fachkraefte-fachberatung/fruehkindliche-bildung
Michael Regner, Franziska Schubert-Suffrian: Partizipation in der Kita. Freiburg i. Br. (Herder) 2018.
Gibts auch ein Gesicht hinter dem BACKWINKEL-Blog? Ja. Vier ?. Drei davon sogar mit Foto.
Wir – Lukas, Tatjana, Stefan und Christine – bespielen unseren Blog unter dem Motto LACHEN LESEN LERNEN.
Lukas kennt sich online so gut aus wie in seiner Westentasche und findet immer spannende Themen, während Stefan unseren Beiträgen den passenden gestalterischen Rahmen gibt und Tatjana mit dem grünen Korrekturstift alles prüfend beäugt, was unsere Autorin Christine (und gern auch Gastautoren) für den BACKWINKEL-Blog nach ordentlicher Recherche schreibt.
Gemeinsam suchen wir ständig nach neuen, aufregenden Themen rund um das Thema Bildung im Kiga, der Schule und zu Hause. Und weil Sie da an der Quelle sitzen, freuen wir uns auf Ihre konstruktiven Rückmeldungen und Anregungen an blog@backwinkel.de
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