Wächst Gemüse im Supermarkt?
Praxistipps für ökologisches Gärtnern mit Kindern in Grundschule und Sekundarstufe I
Christine Hagemann
Kinder wissen immer weniger über den Anbau von Nahrungsmitteln. Ändern Sie das doch gemeinsam – im Schulgarten. Denn die selbst gezogene Karotte wirkt nachhaltiger für gesunde Ernährung als jeder Vortrag.
© MNStudio, Adobestock.com
Im Schulgarten erfährt der Nachwuchs unmittelbar, wie Gemüse angebaut, gepflegt, geerntet und verarbeitet wird. Ob Kohlrabi oder Küchenkräuter: Die Schüler entscheiden mit, was gepflanzt wird und haben anschließend die Aufgabe, sich um die Pflanzen zu kümmern. Wer dann direkt auf dem Feld in die frische Gurke beißt, lernt gleichzeitig etwas über die Wertschätzung für Lebensmittel.
Einen Schulgarten zu bauen ist gar nicht so komplex, wie es auf den ersten Blick scheint. Wie Sie mit wenig Aufwand ein grünes Klassenzimmer einrichten, erfahren Sie in diesem Beitrag. Planungshilfen zum Download inklusive.
Inhalt
1. Darum ist der erdige Ausgleich mit Harke und Gießkanne wichtig
1.1 Schwerpunkt: Gesunde Ernährung
1.2 Schwerpunkt: Umwelterziehung
2. Wie organisiere ich Schulgartenarbeit?
2.1 Der mobile Kistengarten: optimal für Einsteiger
2.2 Die Gemüseklasse: Sozialkompetenz und gesunde Ernährung
Was ist überhaupt ein Schulgarten?
Im Freiland ein eigenes Beet anzulegen ist natürlich ideal. Doch nicht jede Schule verfügt über Ackerfläche in Schulnähe. Für die Lernerfahrung – Naturerlebnis und gärtnerische Betätigung – kann Schulgarten auch ein Kübelgarten auf der Terrasse oder ein Indoor-Garten auf der Fensterbank sein.
Am Fensterplatz im Klassenzimmer gedeihen nicht nur Küchenkräuter prächtig, auch für die frühe Anzucht einjähriger Gemüse ist die Fensterbank von Nutzen. Und ein lichtdurchflutetes Treppenhaus ist geradezu perfekt, um mediterrane Pflanzen wie Rosmarin oder Feigenbäumchen zu überwintern.
Schwerpunkt: Gesunde Ernährung
In der Grundschule ist gesunde Ernährung ein zentrales Thema. Angesichts steigender Zahlen von übergewichtigen Kindern wird es immer notwendiger, Kindern früh die Grundlagen gesunder Ernährungsgewohnheiten nahezubringen. Dazu gehören ausgewogene Mahlzeiten und der Umgang mit Lebensmitteln ebenso wie die kritische Auseinandersetzung mit Fast Food.
An vielen Grundschulen ist der Schulgarten daher ein wichtiges Lehrmittel, ergänzend zum Sachunterricht. Die Kinder bringen sich ein und lernen mit allen Sinnen, wenn sie Gemüse, Kräuter und Obst in „ihrem“ Garten selber anbauen, ernten und verwerten. Im Biologieunterricht der Klassen 5 – 6 bietet der Garten jede Menge Anschauungsmaterial und vermittelt fachliche Arbeitsweisen.
In der Sekundarstufe stellt der Umgang mit der belebten Natur ein wichtiges Erfahrungsfeld dar. Im Schulgarten erleben die Kinder den jahreszeitlichen Rhythmus und entwickeln Achtung vor der Natur. Wer sein Gemüse selber aufzieht, wirft nicht so schnell etwas weg. Die Kinder lernen, sorgfältig mit Lebensmitteln umzugehen und gesunde Ernährung wertzuschätzen.
Schwerpunkt: Umwelterziehung
Durch das Beobachten von natürlichen Lebenszyklen im Pflanzen- und Bodenleben werden Kinder an ökologische Fragestellungen herangeführt. Sie entwickeln Achtsamkeit und verstehen, dass Pflanzen, Tiere und Menschen in Wechselbeziehungen zueinander stehen. Im Schulgarten lernen die Kinder, Verantwortung für ihr Handeln und ihren Umgang mit Natur und Umwelt übernehmen.
Gesunde Ernährung beginnt mit gesunden Böden. In den Klassen 7 – 10 rücken ökologische Gesichtspunkte noch stärker in den Vordergrund. Die Schüler erkennen, dass alles Leben miteinander vernetzt ist. Die Schulgartenarbeit fördert ihre Bereitschaft, sich für die Erhaltung der natürlichen Umwelt aktiv einzusetzen.
Diese Ziele gehören zur umweltbewussten Bildung:
- Die zentrale Bedeutung des Bodens für Pflanzen, Tiere und Menschen kennen.
- Faktoren, die im empfindlichen Gefüge „Boden“ wirksam sind, untersuchen und verstehen.
- Einblick in ökologisch verträglichen Umgang mit Böden gewinnen.
- Den Einsatz von Chemie im konventionellen Gemüseanbau hinterfragen.
- Umweltschonende Methoden des Bio-Gemüseanbaus kennen und beurteilen.
- Bereitschaft zu verantwortungsvollem Umgang mit der Natur entwickeln.
Das entscheidende Plus beim Buddeln und Ernten
Der Schulgarten schafft eine Erfahrungswelt, die den Unterricht fächerübergreifend, anschaulich und sinnvoll ergänzt.1 Die Schüler entwickeln soziale, motorische und psychomotorische Kompetenzen, das Gärtnern stärkt Selbstwertgefühl und Forschertrieb. Schul- und umweltpädagogische Ziele gehen Hand in Hand und tragen wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung der Kinder bei.
Das – und noch mehr – kann der Schulgarten leisten:
Wie organisiere ich Schulgartenarbeit?
Ihre Planung hängt davon ab, für welches Projekt Sie sich entscheiden und natürlich vom Platzangebot. Sollen Beete auf einer Freifläche angelegt, Hochbeete oder Kübel bepflanzt werden? Auch die Frage, zu welchen Zeiten gegärtnert wird, spielt eine Rolle. Soll die Schulgartenarbeit im regulären Unterricht stattfinden oder in der Nachmittagsbetreuung? Je nach Tageszeit ist auch der Sonnenstand anders. Gerade Gemüse braucht mindestens 6 Stunden Sonne von April bis September.
Der Standort bestimmt die Pflanzenauswahl und mögliche Kulturformen. Im Freiland können Sie auch andere Beschäftigungsangebote einplanen, denn ein reiner Nutzgarten ist längst nicht so spannend wie ein Garten mit natürlichen Bereichen. Zum Beispiel ein Tümpel in schattiger Lage – ein toller Beobachtungsort für junge Naturforscher.
Beginnen Sie mit einer Ideensammlung. Behalten Sie dabei die Frage im Blick: Was wächst auf welchem Boden? Können die gewünschten Pflanzen angebaut werden?
Management muss sein, wenn viele Gruppen den Garten nutzen sollen
Damit aus der Vorfreude auf Erdbeeren, Kartoffeln und Co. kein unorganisiertes Chaos wird, machen Sie am besten rechtzeitig einen Managementplan. Im Grunde geht es um die Fragen: Wer macht wo was und wann?
Ein Belegungsplan wird nur dann nötig, wenn verschiedene Gruppen die gleiche Fläche nutzen, eine Aufgabenverteilung ist jedoch für jedes Projekt sinnvoll. Ausführliche Hilfestellung beim Schulgarten-Management finden Sie in unseren Tipps zum Weiterlesen.
Die Zeitplanung ist eine Sache für sich, denn es gibt einiges zu beachten:
- Freilandbeete müssen regelmäßig und möglichst durchgängig gepflegt werden, wenn die Natur sich das Terrain nicht zurückerobern soll.
- Beim Gemüseanbau muss auch die Fruchtfolge beachtet werden, damit sich keine Krankheitserreger breitmachen. Wenn jede Klasse einmal Kartoffeln anbauen möchte, ist eine genügend große Fläche unumgänglich.
- Gärtnern im Freiland ist saison- und witterungsabhängig. Feste Unterrichtsstunden lassen sich nicht planen wie in anderen Fächern. Da sind unbedingt Absprachen erforderlich, damit es bei schönem Wetter kein Gedränge gibt.
- Wichtig ist die Vegetationsperiode: Gartenjahr ≠ Schuljahr. Die Erntezeit fällt oft in den Herbst, damit gehen manche Projekte über den Klassenwechsel hinaus. Wenn das Gemüse noch vor den Sommerferien erntereif werden soll, setzen Sie besser Pflanzen mit kurzen Vegetationszeiten wie z. B. Salate oder Kohlrabi.
Ein einzelnes Projekt planen Sie wie eine reguläre Unterrichtseinheit. Wann steht was an und wie gehe ich vor? Welches Material wird benötigt? Wichtig ist auch, Hilfen mit einzuplanen, etwa durch Berater in gärtnerischen Fachfragen oder für das Gießen in den Sommerferien.
Der mobile Kistengarten: optimal für Einsteiger
Zum Ausprobieren mit wenig Aufwand ist der Kistengarten optimal. Inspiriert durch die Initiative Urbanes Gärtnern lässt sich die Idee eines mobilen Gartens leicht auf die Möglichkeiten einer Schule übertragen. Der größte Vorteil: Versiegelte Flächen müssen nicht aufgebrochen werden, die transportablen Beete finden überall Platz, auch auf dem Schulhof.
Ein weiterer Vorteil ist die angenehme Arbeitshöhe, zudem erlauben die Kulturkisten allerlei Experimente. So werden z. B. unterschiedliche Substrate eingefüllt, Regenwürmer eingesetzt oder verschieden gedüngt. Die Schüler können die Wachstumsprozesse direkt vergleichen.
Ein Kistengarten schafft grüne Erlebnisräume auch in der Betonwüste. Zudem sorgt die einfache Wiederverwertung für Nachhaltigkeit. Eine super Alternative ist das Gärtnern in Säcken. Das funktioniert sogar mit Kartoffeln. Bei der Ernte einfach den Sack ausschütten und die Knollen aufsammeln – bequemer gehts nicht.
Die Gemüseklasse: Sozialkompetenz und gesunde Ernährung
Bei diesem Projekt bauen die Schüler im Klassenzimmer Gemüse an und pflegen die Pflanzen in Teamarbeit. Sie protokollieren dabei die Wachstumsprozesse. Parallel dazu setzen sie sich mit übergeordneten Themen auseinander. Dazu können folgende Fragestellungen beitragen:
- Was haben Regenwürmer und Bienen mit Gemüse zu tun?
- Wie kommt das Gemüse in den Supermarkt und wozu ist es meist plastikverpackt?
- Warum gehört Gemüse zu gesunder Ernährung und wie viel essen wir davon?
- Wodurch wird Gemüse haltbar und wie können wir Lebensmittel retten?
- Was bedeutet Sortenschutz und wozu brauchen wir lila Kartoffeln?
Denken Sie daran, dass viele Gemüsearten eine spezielle Anzuchtphase brauchen. Hier kommt die Fensterbank ins Spiel. Nach der Aussaat im Mini-Treibhaus beobachten die Schüler, wie die Pflänzchen keimen und wachsen. Für jüngere Kinder gibt es Hochbeete zu kaufen, die fix und fertig mit Pflanzbehältern plus Foliengewächshaus ausgestattet sind.
Tipp: Eine echte Turbokultur ist die Kresse. Nicht einmal Erde brauchen Sie dafür, die Saat keimt sogar auf feuchtem Papierflies. Innerhalb weniger Tage beobachten Ihre Schüler, wie die Pflänzchen sprießen. Kresse kann jederzeit neu ausgesät und frisch auf dem Pausenbrot verspeist werden.
Der Blick über den Beetrand
Bereits im Sachunterricht der Grundschule ist gesunde Ernährung mehr als ein Lernthema. Das Wissen um gesunde Ernährung verändert die Essgewohnheiten der Kinder. Und der sensible Umgang mit Lebensmitteln, die man selbst angebaut hat, wirkt sich nachhaltig auf das Konsumverhalten aus. So wächst das Bewusstsein dafür, wie massiv sich unsere Ernährungsweise auf die Umwelt auswirkt – mit weltweiten Folgen.
Globales Lernen wird gegenwärtig immer wichtiger. Aufbauend auf der Unterrichtseinheit Gesunde Ernährung sollten daher Umweltthemen vertieft werden. Hierzu bietet Schulgartenarbeit besonders in den Klassen 5 – 10 vielfältige Möglichkeiten. Folgende Ziele für globales Lernen kann der Schulgarten nachhaltig fördern:
- Mit Pflanzen aus aller Welt andere Naturräume kennenlernen.
- Fragen der globalen Ernährungsgerechtigkeit verstehen.
- Ökologische und politische Zusammenhänge aufzeigen, die uns hinter den bunten Verpackungen im Supermarkt verborgen bleiben.
Empfehlungen:
Top-Kategorien:
Schulmöbel
Lehrmittel
Lehrerbedarf
Besonders beliebt:
Becherlupe
Experimentierkoffer
Bieneninsel
Häufig nachgefragt:
Tafelkreide
Dokumentenkamera
Muggelsteine
Fußnoten:
1 Empfehlenswert zum Thema Schulgarten und gesunde Ernährung ist das Bildungsprogramm der „GemüseAckerdemie“. Ein Beitrag zur Agenda 2030, deren 17 Entwicklungsziele eine gerecht und nachhaltig handelnde Weltgemeinschaft anstreben. https://www.gemueseackerdemie.de
Tipps zum Weiterlesen:
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Hrsg.): Lernort Schulgarten. Projekte aus der Praxis. (Broschüre DIN A4) 2018.
„Die GemüseAckerdemie – für eine Generation, die weiß, was sie isst.“ Projektbegleitung und Bildungsmaterialien https://www.gemueseackerdemie.de
Aline Kurt: 30 x Gesunde Ernährung für 45 Minuten. Ausgearbeitete Stunden zur Gesundheitserziehung. Mülheim (Verlag an der Ruhr) 2016.
Hans-Joachim Lehnert, Karlheinz Köhler, Dorothee Benkowitz (Hrsg.): Schulgärten – anlegen, pflegen, nutzen. Stuttgart (Ulmer) 2016.
Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Praxisratgeber Schulgarten. Bildung für nachhaltige Entwicklung. PL-Information 3/2013.
Bitte unterstützen Sie die „EU-weite Bürgerpetition zu „Eine gesunde und nachhaltige Mahlzeit für jedes Kind‘‘
im Rahmen der „Buy Better Food‘‘ Kampagne (unterstützt von Starköchin und Mitglied des Europaparlamentes Sarah Wiener).
Gibts auch ein Gesicht hinter dem BACKWINKEL-Blog? Ja. Vier ?. Drei davon sogar mit Foto.
Wir – Lukas, Tatjana, Stefan und Christine – bespielen unseren Blog unter dem Motto LACHEN LESEN LERNEN.
Lukas kennt sich online so gut aus wie in seiner Westentasche und findet immer spannende Themen, während Stefan unseren Beiträgen den passenden gestalterischen Rahmen gibt und Tatjana mit dem grünen Korrekturstift alles prüfend beäugt, was unsere Autorin Christine (und gern auch Gastautoren) für den BACKWINKEL-Blog nach ordentlicher Recherche schreibt.
Gemeinsam suchen wir ständig nach neuen, aufregenden Themen rund um das Thema Bildung im Kiga, der Schule und zu Hause. Und weil Sie da an der Quelle sitzen, freuen wir uns auf Ihre konstruktiven Rückmeldungen und Anregungen an blog@backwinkel.de
Viel Spaß beim LACHEN LESEN LERNEN!