Kinderkonferenz, Kinderrat, Kinderparlament – Demokratie zum Mitmachen
Elisa Morel
Demokratiebildung und Partizipation gehören wahrscheinlich auch in Ihrer Kita schon lange zum Alltag. Und das ist auch gut so, denn Demokratie geht schon die Kleinsten an und muss geübt werden, damit sie gelingt.
Kindergremien sind ideale Instrumente für die Demokratiebildung, weil die Kinder im Kleinen erproben können, wie ein harmonisches Miteinander durch eigenes Bemühen gelingt – auch wenn der Weg dorthin bestimmt nicht immer einfach ist.
© ADOBE Stock
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Arten von Kindergremien es gibt, wie Sie sie in Ihrer Einrichtung planen und umsetzen und was Ihre Kinder von der praktischen demokratischen Zusammenarbeit lernen.
Inhalt
1. Demokratiebildung im Kindergarten
2. Die Bedeutung der Partizipation im Kindergarten
3. Instrumente der Demokratiebildung
3.1. Die Kinderkonferenz
3.2. Der Kinderrat oder das Kinderparlament
4. Wie profitieren Kinder von Kinderrat & Co.?
5. Praktische Tipps für die Einführung von Kinderkonferenz, -rat und -parlament
Die Bedeutung der Partizipation im Kindergarten
Kinder haben ein Recht auf Partizipation und diese sollte gelebt werden und im Alltag stattfinden, also die Haltung der Erziehenden und deren Handlungen prägen. Es ist also selbstverständlich, dass Kinder ihre Bedürfnisse äußern und diese Berücksichtigung finden: Wer eine bestimmte Aktivität ablehnt, muss nicht an ihr teilnehmen. Und wer etwas weder essen noch probieren will, weil ihm vielleicht Geruch oder Optik schon unangenehm genug ist, der isst eben etwas anderes.
Tipp: Am besten fahren Sie mit der Frage, was Sie selbst in der betreffenden Situation tun würden – und dann handeln Sie auch bei Ihren Kindern danach. Wenn Sie keine Krimis mögen, kann Ihnen Ihr Bekanntenkreis wahrscheinlich stundenlang davon vorschwärmen, ohne dass Sie freiwillig einen Krimi-Abend einlegen. Warum sollten Sie auch. Jeder Mensch ist eben anders, und Unterschiede muss man akzeptieren, denn auch das ist Demokratie.
Da Partizipation eben auch bedeutet, den Kita-Alltag aktiv mitzugestalten, sind Kindergremien eine super Sache, um sich auszutauschen, Entscheidungen zu treffen oder Änderungen vorzunehmen. Wenn die Kinder Einfluss auf die Wahl von Ausflugszielen, Projekten, Raumgestaltung und Essensplan haben, werden sie nicht nur glücklicher sein, sondern sich wahrscheinlich auch mehr einbringen.
Tipp: Mehr Wissenswertes zum Thema Partizipation lesen Sie in unserem Beitrag Partizipation in Kindergarten und Kita: Methoden zur Umsetzung des Kinderrechts auf Beteiligung.
Instrumente der Demokratiebildung
Kindergremien sind eine gute Möglichkeit, um das gemeinsame Treffen von Entscheidungen zu lernen. Damit einher geht die Erfahrung, andere Meinungen nicht nur kennenzulernen, sondern auch auszuhalten und zu akzeptieren. Auch das Finden von Kompromissen ist eine wichtige Lernerfahrung, denn man muss nicht zwangsläufig dasselbe wollen und denken, um eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten gut leben können.
Gleichzeitig erleben die Kinder unmittelbar, dass ihre Wünsche und Meinungen Gewicht haben. Sie fließen in den Kita-Alltag ein und entscheiden beispielsweise über Speiseplan, Neuanschaffungen, Projekte oder Ausflüge. So wird Partizipation konkret erfahrbar.
Damit Kindergremien in der Praxis funktionieren, braucht es einige Regeln – denn auch das richtige Kommunizieren will gelernt sein. Wie die Gesprächsregeln aussehen könnten, sehen Sie in der Grafik.
Tipp: Wenn die Kinder sich im Dialog gemeinsam auf die Regeln einigen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Regeln verstehen und sich daran halten. Außerdem ist die Aufstellung eines Regelwerks eine gute Einstiegsübung in die Gremienarbeit.
In jedem Fall sollte ein Erwachsener während der Tagungen Protokoll führen, damit anschließend für alle ersichtlich ist, welche Themen besprochen wurden, welche Einigungen noch ausstehen und welche weiteren Aspekte zukünftig noch zur Debatte stehen. Das hilft nicht nur den Kindern, sondern ist auch für Ihre Kollegen und die Eltern interessant. Auch das Festhalten der Ergebnisse auf einem Whiteboard ist sinnvoll, damit alle Teilnehmer verfolgen können, was besprochen wird.
Wahrscheinlich müssen Sie am Anfang auch die Moderation übernehmen, solange die Kinder mit der Gremienarbeit noch nicht vertraut genug sind. Nach ein paar Monaten findet sich vielleicht auch ein Moderator oder eine Moderatorin unter den Kindern.
Die Kinderkonferenz
Kinderkonferenzen beziehen alle Kinder der Gruppe ein; im Gegensatz zum Kinderrat werden also keine Vertreter gewählt, die im Namen der anderen Kinder Entscheidungen treffen und ein Stimmrecht haben. Somit ist eine Kinderkonferenz das Kindergremium, das am wenigsten Vorbereitung braucht. Ein wenig Planung ist trotzdem unerlässlich. Stellen Sie sich z. B. folgende Fragen:
- Über welche Themenfelder soll in den Konferenzen entschieden werden?
- Bei welchen Themen haben die Kinder volle Entscheidungsfreiheit?
- Sollen die Konferenzen regelmäßig oder anlassbezogen stattfinden?
- Wie sind die Abstimmungen organisiert? (geheim oder offen, Stimmkarten, Muggelsteine, Handzeichen?)
- Welche Unterstützung brauchen jüngere Kinder, um mitzumachen? (Bildkarten, zusätzliche Erklärungen?)
Diese Themen diskutieren Sie am besten mit den Kindern in der ersten Konferenz. Versuchen Sie, ihnen möglichst viel Freiheit zu geben: In einer Diskussion finden sie wahrscheinlich selbst heraus, in welchen Fällen sie geheim abstimmen wollen oder über welche Themen, wie z. B. Finanzen sie nicht entscheiden können. Dass nicht jeden Tag Schokopudding als Hauptspeise auf dem Plan stehen kann, werden die meisten auch herausfinden.
Der Kinderrat oder das Kinderparlament
Wenn Sie einen Kinderrat ins Leben rufen möchten, müssen die Kinder Ihrer Gruppe oder auch der gesamten Einrichtung Vertreter wählen. Das erfolgt in einer geheimen Abstimmung, beispielsweise durch Murmeln, die in einer Wahlkabine in Boxen mit den Namen der Kandidaten gelegt werden.
Die gewählten Vertreter – sofern sie die Wahl annehmen – sind schließlich Mitglieder des Rats und besprechen relevante Themen. Auch im Kinderrat sind also Abstimmungen wichtig und müssen vorbereitet bzw. ihr Ablauf festgelegt werden. Da nicht alle Kinder am Kinderrat teilnehmen, ist Transparenz wichtig. Überlegen Sie, ob es eine Option ist, die anderen als Publikum teilhaben zu lassen.
Wenn das nicht klappt, weil vielleicht immer wieder jemand dazwischenruft und auch etwas beisteuern will oder vor allem jüngere Kinder wenig Geduld oder Verständnis haben, eignet sich ein Aushang oder auch eine Kita-Zeitung besser, um die anderen zu informieren. So können sich auch die Eltern einen Eindruck von der Arbeit des Kinderrats machen.
Tipp: Die Heterogenität des Parlaments wird noch realistischer, wenn auch Sie als Erziehungsfachkräfte oder auch die Eltern Vertreter wählen, die teilnehmen. Das ist natürlich alles eine Frage der zeitlichen Verfügbarkeit und Organisation.
Fakt ist, dass es keine festen Regeln für die Umsetzung eines Kinderparlaments gibt. Überlegen Sie also in Ruhe, welche Form für Sie am sinnvollsten ist. Es kann auch eine gute Idee sein, zu bestimmten Themen und Terminen Experten einzuladen, z. B. den Hausmeister oder einen Garten- und Landschaftsbauer.
Eine andere Möglichkeit ist die Bildung von Ausschüssen, wenn im Kinderrat ein komplexeres Thema aufkommt. So können sich die Ausschüsse in eigenen Sitzungen in die Projekte einarbeiten und dabei auf Ihre Unterstützung zählen. Mögliche Gebiete sind:
- Vergleichen verschiedener Essenslieferanten oder Erstellung eines Speiseplans
- Umgestaltung des Außenbereichs
- Anlegen eines Gartens oder Schulzoos
- Einrichten einer eigenen Küche
- Informieren über verschiedene Ausflugsziele, Projekte oder Experimente
- Anschaffung von neuem Spielzeug
- Gestaltung eines Maker Spaces oder Audio-Labors
In einer der nächsten Sitzungen des Rats stellen die Mitglieder des Ausschusses ihre Ergebnisse vor. Anschließend wird im Plenum diskutiert, ob man bereits eine Entscheidung trifft, ob weitere Informationen nötig sind oder die Idee gar gänzlich verworfen wird.
Wie profitieren Kinder von Kinderrat & Co.?
Die Mitwirkung in einem Kindergremium birgt viele Vorteile für die Kinder, auch wenn sie erst lernen müssen, damit umzugehen. Innerhalb einer Kinderkonferenz oder einem Kinderrat erleben schon die Kleinsten, wie Demokratie funktioniert und fühlen sich als gleichwertiger Teil der Gemeinschaft. Gleichzeitig stärken Kindergremien auch das soziale Klima, weil die Kinder sich miteinander auseinandersetzen, Vertreter wählen und gemeinschaftlich Entscheidungen herbeiführen. So lernen sie sich selbst und ihre unterschiedlichen Wünsche und Vorstellungen besser kennen.
Nicht zuletzt teilen die Kinder viele Erfahrungen, Bedürfnisse und Wahrnehmungen, die wir als Erwachsene nicht (mehr) nachvollziehen können. Somit kommen automatisch Themen zur Sprache, die Sie vielleicht gar nicht als relevant auf dem Schirm hatten, und auch die Lösungsvorschläge der Kinder werden Sie an mancher Stelle überraschen, weil sie eben innerhalb einer Peergroup entstehen, zu der Sie nicht gehören. Unsere Grafik zeigt weitere Vorteile von Kindergremien.
Praktische Tipps für die Einführung von Kinderkonferenz, -rat und -parlament
Wenn Sie sich noch unsicher sind, wie Ihnen die Einführung eines Kindergremiums am besten gelingt, stehen Ihnen wie immer mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
- Tauschen Sie sich mit Kollegen, Familie und Bekannten über Ihre Ideen aus.
- Recherchieren Sie online nach Einrichtungen, in denen die Implementierung bereits gelungen ist.
- Halten Sie Rücksprache mit Einrichtungen, die Kindergremien haben – vielleicht besuchen Sie sie einfach mal und holen sich wertvolle Eindrücke und Tipps vor Ort.
- Fragen Sie Ihre Kinder und entwickeln Sie das Konzept gemeinsam.
Allgemein gilt auch hier: Nichts ist in Stein gemeißelt. Sie müssen also nicht jeden Ablauf vorab bis ins kleinste Detail ausarbeiten oder einen Sitzungskalender für die nächsten 6 Monate erstellen. Vieles wird sich ergeben, wenn Sie schon dabei sind, und Raum für Verbesserungen gibt es sowieso fast immer. Vielleicht machen Sie wider Erwarten die Erfahrung, dass Ihre Kinder sich selbst super organisieren können – oder der Ablauf am Anfang so laut und chaotisch ist, dass Sie die Sitzung unterbrechen müssen. Vielleicht funktioniert das geordnete Reden erst einmal nur mithilfe eines Sprechsteins, auf den die Kinder später verzichten können.
Vielleicht stellt sich auch heraus, dass die geplante halbe Stunde alle zwei Wochen nicht ausreicht, sodass der Kinderrat wöchentlich tagt. Oder aber die 30 Minuten sind zu lang für die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder, sodass künftig kürzere, dafür aber häufigere Sitzungen stattfinden. Vielleicht gibt es auch mal einen Monat, in dem es einfach nichts zu besprechen gibt.
Idealerweise finden Ihre Kinder selbst heraus, welche Dauer und Taktung für sie passt, ob sie Hilfsmittel oder Unterstützung brauchen oder welche Themen sie noch nicht allein beurteilen können. Probieren geht über Studieren. Haben Sie ein offenes Ohr für Ihre Kinder und helfen Sie Ihnen dabei, die besten Lösungen für die jeweiligen Abläufe und Probleme zu finden. Wahrscheinlich werden Sie alle immer erfahrener und besser, sodass mit der Zeit die Länge der Sitzungen wächst oder die Komplexität der Themen zunimmt. Wer früher nicht still sitzen konnte oder öfter unterbrochen hat, mausert sich über die Monate vielleicht zum nächsten Moderator.
Trauen Sie sich also einfach ans Thema heran und lernen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern. Behalten Sie im Hinterkopf, dass auch in der großen Politik immer wieder unvorhergesehene Dinge passieren. Das mag nicht immer angenehm sein, gehört aber dazu und wird nicht dazu führen, dass Ihre Einrichtung ins Chaos stürzt.
250 Muggelsteine aus treeNside-Biokunststoff
Whiteboard, Denkblase
STAEDTLER Whiteboardmarker
Lesen Sie mehr:
- kindergarten heute – Das Fachmagazin für Frühpädagogik: Kinderkonferenz im Kindergarten:
https://www.herder.de/kiga-heute/fachbegriffe/kinderkonferenz/#head-accordion-2 - Kinderzentren Kunterbunt gGmbH: Wir haben jetzt einen Kinderrat:
https://kinderzentren.de/wir-haben-jetzt-einen-kinderrat/ - Nöll, Imke: Kinder beteiligen – Ich bin dafür!, Ausgabe 5_2019, 49 Jahrgang, S. 14 – 17:
https://www.herder.de/kiga-heute/fachmagazin/archiv/2019-49-jg/5-2019/ich-bin-dafuer-kinder-beteiligen/ - S., Ralf-Ingo: Kinderkonferenz in der Kita: Partizipation der Jüngsten, 22.07.2025:
https://www.kita.de/wissen/kinderkonferenz/ - Zühlke, Eckehard: Kinderkonferenzen: „Kinder hören mehr auf andere Kinder als auf Erwachsene“, 17.08.2015:
https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/gruppenleitung-erzieherin-kind-beziehung-partizipation/mitbestimmung-der-kinder-partizipation/kinderkonferenzen/ - Protokollvorlage:
https://www.partizipation-kita.de/fileadmin/partizipation-kita/protokoll_kinderkonferenz.pdf
© Copyright – Urheberrechtshinweis
Alle Inhalte auf www.backwinkel.de sowie www.backwinkel.de/blog, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken, sind urheberrechtlich geschützt.
Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei der BACKWINKEL GmbH. Bitte fragen Sie uns, falls Sie die Inhalte dieses Internetangebotes verwenden möchten.
Wer gegen das Urheberrecht verstößt (z. B. Bilder oder Texte unerlaubt kopiert), macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar, wird zudem kostenpflichtig abgemahnt und muss Schadensersatz leisten (§ 97 UrhG).
Gibts auch ein Gesicht hinter dem BACKWINKEL-Blog? Natürlich. Sogar fünf 😊. Wir – Lukas, Marvin und Tatjana – bespielen unseren Blog im LACHEN LEBEN LERNEN-Firmensitz in Hattingen.
Lukas kennt Onlinemarketing wie seine Westentasche, während Marvin unseren Beiträgen den passenden gestalterischen Rahmen gibt und Tatjana mit dem grünen Korrekturstift alles prüfend beäugt, was unsere Freelancerautorinnen Elisa und Christine (und gern auch Gastautoren) aus der Ferne für den BACKWINKEL-Blog nach ordentlicher Recherche schreiben.
Gemeinsam suchen wir ständig nach neuen, aufregenden Themen rund um das Thema Bildung im Kiga, der Schule und zu Hause. Und weil Sie da an der Quelle sitzen, freuen wir uns auf Ihre konstruktiven Rückmeldungen und Anregungen an blog[@]backwinkel.de
Viel Spaß beim LACHEN LESEN LERNEN!









